PM: Studierendenschaft der Universität Rostock fordert erneut Abkehr von Präsenzprüfungen während der Pandemie
PM: Studierendenschaft der Universität Rostock fordert erneut Abkehr von Präsenzprüfungen während der Pandemie
Die Studierendenschaft der Universität Rostock diskutiert seit Wochen mit dem Bildungsministerium, der Hochschulleitung sowie den Fakultäten über die Durchführung von Präsenzprüfungen während der Pandemie. Die Studierendenvertretung rät dringend von Prüfungen in Präsenz ab und fordert die Durchführung der Prüfungen in alternativen Formen. Solche sind durch die Rahmenprüfungsordnung der Universität bereits vorgesehen. Denkbar sind hierbei Hausklausuren, mündliche Online-Prüfungen oder Hausarbeiten. Viele Dozierende versuchten bereits, hiervon Gebrauch zu machen, jedoch wurden diverse Anträge abgelehnt. Während die Hochschulleitung die Verantwortung von sich weist, verweist das Bildungsministerium in Schwerin auf die Hochschulautonomie und lässt in seinem Erlass offen, für welche Prüfungen die Präsenz eingeschränkt oder nicht eingeschränkt werden muss.
In der aktuellen Presse wird Rostock oft als „Gallisches Dorf“ beschrieben, das als einer sehr weniger Orte in Deutschland konstant einen vergleichsweise sehr niedrigen Inzidenzwert aufweist. Eine zentrale Begründung hierfür ist, dass einer großen Spreading-Gefahr schon frühzeitig ein Riegel vorgeschoben wurde, denn die Universität Rostock hat im Sommersemester keine Präsenzlehre stattfinden lassen. Diese überaus wichtige Entscheidung dämmte sicherlich bei vielen Universitätsmitgliedern und deren Angehörigen das Infektionsrisiko ein. Umso mehr stellt sich jedoch die Frage, warum dieser offensichtlich richtige Weg nun nicht auch bei den Prüfungen konsequent weitergeführt wird.
Wenn an Präsenzprüfungen festgehalten werden soll, hätten im Vorfeld Maßnahmen, wie die kostenlose Bereitstellung von FFP2-Masken sowie eine breitflächige Testung der Prüfungsteilnehmenden mit Corona-Schnelltests geplant und organisiert werden müssen. Die Verwendung von Masken ist, nach Auffassung der Studierendenvertretung, eine sehr gute Methode des Infektionsschutzes – aber dennoch nicht ausreichend. In der aktuellen Situation lässt sich die Größe des Geldbeutels an der Art der Maske erkennen und Studierende mit weniger finanziellen Mitteln werden implizit auch einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt.
Selbst bei der Verwendung einer Maske und einem Abstand von 1,5 Metern sind Präsenzprüfungen ein unnötiges und leicht vermeidbares Risiko. Begründet wird das Festhalten an Präsenzprüfungen von einigen Seiten mit der Aussage, dass Studierende in Prüfungen betrügen könnten. Diese pauschale Unterstellung wirkt im Lichte einer möglichen Infektion zynisch.
„Präsenzprüfungen sind daher aus Sicht der Studierendenschaft momentan keine vernünftige Option. Alternativen wie Hausklausuren, mündliche Online-Prüfungen oder Hausarbeiten können mit wenig Aufwand organisiert werden und bieten einen vielfach höheren Infektionsschutz. Selbst der Korrekturaufwand ist hier variabel. Hierbei kommt es jedoch auch auf Flexibilität an. Studierende, die aufgrund schlechter Internetverbindung oder mangelnder Hardware nicht an mündlichen Online-Prüfungen teilnehmen können, dürfen nicht benachteiligt werden“ äußert sich der stellvertretende Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) Philipp Leist.
„Die Verwendung von Masken und der 1,5 Meter Abstand verringern zwar ein Infektionsrisiko – es sinkt jedoch nicht auf Null und ebenso wenig sinkt die psychische Belastung, die in einer Prüfungssituation mit diesem Risiko einhergeht“ sagt die AStA-Vorsitzende Sara Klamann.
Anstatt entsprechende Alternativen vorzubereiten, werden Studierende schein-freiwillig zu Präsenzprüfungen gezwungen und zusätzlich finanziell belastet. Denn es gibt eine Vielzahl Studierender, die verbindliche Deadlines zur Finanzierung ihres Studiums einhalten müssen: von BAföG über Stipendien bis hin zu Studien- oder Privatkrediten. Studierende, die nach dem vierten Semester noch einen Leistungsnachweis erbringen müssen, kommen für die Regelstudienzeitverlängerung ebenso wenig in Frage wie diejenigen, die aus anderen guten Gründen nicht mehr in der Regelstudienzeit studieren. Auch die Aussicht auf eine künftige Arbeitsstelle kann die rechtzeitige Teilnahme an einer Prüfung erfordern. Ein anerkannter Rücktritt schafft hier keine Abhilfe. Soziale Ungleichheit ist daher eine weitere Problematik, die es zu berücksichtigen gilt. Die Betreuungssituation Studierender mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen ist außergewöhnlichen Belastungen und Umständen ausgesetzt und darf nicht übersehen werden.
„Studierende mit chronischen Vorerkrankungen oder Behinderungen, die keinen Mund-Nasenschutz verwenden können oder zu einer Risikogruppe gehören, fallen ebenfalls durch das Raster. Die Diversität der diesjährigen Prüfungsformen erweckt den Eindruck, dass Konzeptanpassungen oder -überarbeitungen nur partiell stattfinden und eine Frage des Engagements sind. Nach einem schweren Jahr der Pandemie sollten wir vorbereitet sein und dafür Sorge tragen, dass niemandem soziale oder gesundheitliche Schäden aus universitärer Teilhabe entstehen. Wir wünschen uns mit Blick in die Zukunft eine rücksichtsvolle Regelung, die einheitlich und verbindlich für die gesamte Studierendenschaft ist“ ergänzt die neue AStA-Sozialreferentin Stephanie Kuska.
Neben aller Kritik möchte die Studierendenschaft all jenen Dozierenden danken, die eine adäquate Alternative zu Präsenzprüfungen erarbeitet haben.